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Zum Erziehungsbegriff  (Theoriediskussion)

 

Geisteswissenschaftliche Pädagogik

"Die Grundlage der Erziehung ist also das leidenschaftliche Verhältnis eines reifen Menschen zu einem werdenden Menschen, und zwar um seiner selbst willen, daß er zu seinem Leben und seiner Form komme."  (Herman Nohl 1879-1960)

(aus: Nohl, Herman: Die pädagogische Bewegung in Deutschland und ihre Theorie. Frankfurt a. M.: o.V., 1978; zit. n. Baumgart, Franzjörg (Hg.): Erziehungs- und Bildungstheorien. Erläuterungen - Texte - Arbeitsaufgaben. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 1997, S. 168.)

"'Erziehung' gebrauchen wir in aktivem und passivem Sinn; das Wort bezeichnet sowohl die Tätigkeit wie ihre Wirkung, aber auch das Geschehen im 'Zögling', auf den sich diese Tätigkeit richtet, und das Ergebnis dieses Prozesses können damit gemeint sein." Wilhelm Flitner (1889 - 1990)

(W. Flitner 1961, 26, zit. n. Heid, Helmut: Erziehung. In: Lenzen, Dieter (Hg.): Erziehungswissenschaft. Ein Grundkurs. Hamburg: Rowohlt Verlag, 1994, S. 43)

Kritisch-rationale Erziehungswissenschaft

"Es seien unter Erziehung 'Handlungen zu verstehen, die in der Absicht erfolgen (oder: die den Zweck haben), in anderen Menschen gemäß für sie gesetzten Normen (Sollensforderungen, Idealen, Zielen) psychische Dispositionen hervorzubringen, zu fördern, zu ändern, abzubauen oder zu erhalten" Wolfgang Brezinka

(1976, S. 129; zit. n. Schwenk, Berhard: Erziehung. In: Lenzen, Dieter/ Mollenhauer, Klaus: Enzyklopädie Erziehungswissenschaft. Bd.1. Stuttgart: Clett-Kotta, 1992, S. 387)

"Unter Erziehung werden soziale Handlungen verstanden, durch die Menschen versuchen, das Gefüge der psychischen Dispositionen anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht dauerhaft zu verbessern oder seine als wertvoll beurteilten Komponenten zu erhalten. Die kürzeste Formulierung für diesen Begriffsinhalt ist folgender Satz: Als Erziehung werden Handlungen bezeichnet, durch die Menschen versuchen, die Persönlichkeit anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht zu fördern."  Wolfgang Brezinka

(aus: W. Brezinka: Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft, 1974, S. 95; zit. n. Kron, Friedrich W.: Grundwissen Pädagogik. München u.a.: E. Reinhardt, 1996, S. 55)

Kritische Erziehungsiwssenschaft

"Erziehung muß daher als symbolische Interaktion der Handelnden oder als 'symbolisch vermitteltes kommunikatives Handeln' (Mollenhauer 1972, S. 168) oder als ein an gegenseitigem Sinnverstehen orientiertes soziales Handeln aller in einer Erziehungssituation befindlichen Individuen bezeichnet werden."  Klaus Mollenhauer

(zit. n. Kron, Friedrich W.: Grundwissen Pädagogik. München u.a.: E. Reinhardt, 1996, S. 57)

 

 

 

Zum Bildungsberiff

Geisteswissenschaftliche Pädagogik

"Bildung ist die subjektive Seinsweise der Kultur, die innere Form und geistige Haltung der Seele, die alles, was von draußen an sie herankommt, mit eigenen Kräften zu einheitlichem Leben in sich aufzunehmen und jede Äußerung und Handlung aus diesem einheitlichen Leben zu gestalten vermag." Herman Nohl (1879-1960)

(aus: Nohl, Hermann: Die pädagogische Bewegung in Deutschland und ihre Theorie. Frankfurt a. M.: o.V., 1978; zit. n. Baumgart, Franzjörg (Hg.): Erziehungs- und Bildungstheorien. Erläuterungen - Texte - Arbeitsaufgaben. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 1997, S. 171.)

"'Bildung bedeutet die Echtheit der Eingliederung in die Welt, was immer heißt konkrete Eingliederung in einen Lebenskreis und seine Zukunft, d.h. seine konkreten Aufgaben' im Lebens- und Berufsalltag." Flitner (1889 - 1990)

(W. Flitner 1993, S. 113; zit. n. Herrmann, Klaus: Erziehung und Bildung in der Tradition Geisteswissenschaftlicher Pädagogik. In: Lenzen, Dieter/ Mollenhauer, Klaus: Enzyklopädie Erziehungswissenschaft. Bd.1. Stuttgart: Clett-Kotta, 1992, S. 36)

Kritische Erziehungswissenschaft

kategoriale Bildung = grundlegende Bildung (dialektische Formel von der 'doppelten Erschlossenheit'):

"Erschlossenheit einer dinglichen und geistigen Wirklichkeit für einen Menschen - das ist der objektive oder materiale Aspekt, aber d.h. zugleich Erschlossensein dieses Menschen für diese seine Wirklichkeit - das ist der subjektive oder formale Aspekt. Diese doppelseitige Erschließung geschieht als Sichtbarwerden von allgemeinen, kategorial erhellenden Inhalten auf der objektiven Seite und als Aufgehen allgemeiner Einsichten, Erlebnisse, Erfahrungen auf der Seite des Subjekts." [Konkret für den Unterricht heißt das: Nur die Inhalte, die "kategoriale Bildung" grundlegen, sollten im Unterricht erscheinen, denn nur so wird der Lernprozeß zum Bildungsprozeß.]

(Klafki 1978, S. 76; zit. n. Wehners, Franz-Josef: Theorien der Bildung - Bildung als historisches und aktuelles Problem. In: Roth, Leo (Hg.): Pädagogik. Handbuch für Studium und Praxis. München: Ehrenwirth, 1994)

"Bildung muß m. E. heute als selbsttätig erarbeitet und personal verantworteter Zusammenhang dreier Grundfähigkeiten verstanden werden:

(aus: Klafki, Wolfgang: Abschied von der Aufklärung? Grundzüge eines bildungstheoretischen Gegenentwurfs. In: Krüger, H.-H. (Hg.): Abschied von der Aufklärung. Perspektiven der Erziehungswissenschaft. Opladen 1990; zit. n. Baumgart, Franzjörg (Hg.): Erziehungs- und Bildungstheorien. Erläuterungen - Texte - Arbeitsaufgaben. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 1997, S. 270)

"Auch für Klafki (1980, S. 33) bleibt Bildung ein 'zentrierendes und übergeordnetes Orientierungs- und Beurteilungskriterium für alle pädagogischen Einzelmaßnahmen';  er sieht in seinen 'Neuen Studien zur Bildungstheorie und Didaktik' (1985) Bildung als moderne pädagogische Kategorie, die kontinuierlich aus früherem Bildungsdenken (Humanismus, Aufklärung) hervorgehe, allerdings mit der Zielsetzung der Aufhebung 'der schematischen Trennung von Allgemeinbildung und Berufsbildung ... von theoretischer Bildung und sog. praktischer Ausbildung ... von geistiger und körperlicher Arbeit.'"

(Klafki 1985, S. 28; zit. n. Wehners, Franz-Josef: Theorien der Bildung - Bildung als historisches und aktuelles Problem. In: Roth, Leo (Hg.): Pädagogik. Handbuch für Studium und Praxis. München: Ehrenwirth, 1994)