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Die Bundesversammlung

(Quelle: Deutscher Bundestag)

 

Wie groß ist die Bundesversammlung?

Weder das Grundgesetz noch das "ergänzende Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung"´ nennt die genaue Zahl der Mitglieder der Bundesversammlung. Diese richtet sich vielmehr nach der jeweiligen Stärke des Bundestages. Im ersten Bundestag saßen 410 Abgeordnete, so dass die Länder ebenfalls 410 Delegierte in die Bundesversammlung entsenden konnten. Die Mitgliederzahl des Bundestages wuchs dann auf über 500, schwankte aber durch sogenannte Überhangmandate. Sie belief sich 1954 auf 509, 1959 auf 519, 1964 auf 521, 1969, 1974 und 1979 auf 518, 1984 auf 520 und 1989 auf 519 und 1994 auf 662 Mitglieder. Dementsprechend bestand die Bundesversammlung 1994 aus 1324 Mitgliedern.

Nach der Herstellung der Einheit Deutschlands erhöhte sich mit der Wahl des Bundestages vom 2. Dezember 1990 dessen Mitgliederzahl auf 662, so dass die nunmehr 16 statt bisher 11 Landesparlamente ebenfalls insgesamt 662 Mitglieder zu stellen hatten. Somit bestand die 11. Bundesversammlung 1999 aus 1338 Mitgliedern 

Nach dem Stand vom 26. Mai 2003 wird die 12. Bundesversammlung 1206 Mitglieder haben - 603 Abgeordnete des Deutschen Bundestages und 603 Delegierte der Länderparlamente.

 

Der Bundestagspräsident* bestimmt Zeit und Ort

Die Bundesversammlung tritt alle fünf Jahre zusammen, es sei denn, die Amtszeit des Staatsoberhaupts endet vorzeitig durch Tod, freiwilligen oder erzwungenen Rücktritt. Wann und wo die Bundesversammlung zusammentritt, bestimmt der Präsident des Deutschen Bundestages. Verfassung und politische Wirklichkeit lassen ihm aber keinen allzu großen Spielraum. Das Grundgesetz bestimmt, dass die Bundesversammlung spätestens dreißig Tage vor dem Ende der Amtszeit des Bundespräsidenten zusammentreten muss. Bisher wurden stets Tagungstermine festgesetzt, die zwei bis sechs Wochen vor dieser äußersten Frist lagen.

Seit sich Bundestagspräsident Carstens in der Vorbereitung der 7. Bundesversammlung 1979 für den "Verfassungstag", den 23. Mai entschied - am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verkündet -, ist auch von seinen Nachfolgern an diesem besonderen Tag für die folgenden Bundesversammlungen 1984, 1989 und 1994 festgehalten worden, so dass sich schon von der Begründung einer Tradition sprechen läßt. Diese kann jedoch jederzeit allein schon dadurch unterbrochen werden, dass eine vorzeitige Erledigung der Amtszeit eines Bundespräsidenten auch einen vorzeitigen Wahltermin erforderlich macht. Der Bundestagspräsident trifft diese Entscheidung üblicherweise nach Gesprächen mit den Fraktionsvorsitzenden und im Einvernehmen mit den Mitgliedern des Präsidiums des Bundestages.

Über den Versammlungsort gibt es keinerlei gesetzliche Vorschriften. Der erste Bundespräsident wurde 1949 in Bonn gewählt. Die nächsten vier Bundesversammlungen traten in Berlin zusammen (1954,1959,1964,1969). Seit 1959 protestierten die Sowjetunion und die DDR dagegen und griffen schließlich zu Drohungen und dem Mittel der Behinderung des Reiseverkehrs nach Berlin. Bis zur Herstellung der Einheit Deutschlands war die Bundesversammlung von 1969 dann die vorläufig letzte, die in Berlin stattfinden konnte: Für die Vorteile des Viermächteabkommens über Berlin zahlte der Westen 1971 u. a. mit dem Verzicht auf Berlin als Stätte der Präsidenten Wahl. Deshalb wurden die Bundesversammlungen von 1974 an nach Bonn einberufen.

Mit dem Einigungsvertrag von 1990 und dem Beschluss des Bundestages vom 20. Juni 1991 ist nunmehr Berlin Hauptstadt und zukünftiger Sitz von Parlament und Regierung der Bundesrepublik Deutschland. Schon aus diesem Grunde lag es nahe, die Bundesversammlung wieder nach Berlin einzuberufen. Die damalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth berief deshalb die 10. Bundesversammlung zum 23. Mai 1994 nach Berlin ein. Tagungsstätte war der Berliner Sitz des Bundestages, das Gebäude des ehemaligen Reichstages. Nach dessen Umbau fand dort 1999 erstmals wieder die 11. Bundesversammlung statt.

Nicht nur die Bestimmung von Zeit und Ort, sondern auch die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Bundesversammlung fallen weitgehend in den Zuständigkeitsbereich des Bundestagspräsidenten. Dazu gehören zum Beispiel die Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel und die organisatorischen Vorbereitungen wie Bereitstellung der Sitzungsunterlagen für die Mitglieder, Druck der Stimmkarten, Aufstellung eines Sitzplanes, Verzeichnis der Mitglieder, Anmietung von Sitzungsräumen für die Fraktionen und vieles andere, was einen reibungs- und störungsfreien Ablauf der Tagung gewährleistet. Da die Bundesversammlung keine eigene Tagungsstätte besitzt und wegen der großen Zahl ihrer Mitglieder nicht im Plenarsaal des Bundestages tagen konnte, fanden die Tagungen der Bundesversammlung in der Zeit von 1974-1989 im Großen Saal der Bonner Beethovenhalle statt.

* Grundgesetz und Gesetzestexte gebrauchen für die Bezeichnung von Staatsämtern die männliche Form, ohne sich damit auf das tatsächliche Geschlecht des Amtsinhabers beziehen zu wollen.

 

Welche Mehrheit braucht der Bundespräsident?

Das Grundgesetz selbst zwingt mit seinen Bestimmungen über erforderliche Mehrheiten zur Konzentration der Kräfte: Im ersten und zweiten Wahlgang ist die absolute Mehrheit erforderlich, also eine Stimmenzahl von mehr als der Hälfte aller Mitglieder. Erst im dritten Wahlgang genügt die relative Mehrheit, ist also derjenige oder diejenige gewählt, der oder die unter den aufgestellten Kandidaten die meisten der abgegebenen Stimmen erhält. Bisher fiel zweimal - 1969 bei der Wahl Gustav Heinemanns und 1994 bei der Wahl Roman Herzogs zum Bundespräsidenten - die Entscheidung erst in der dritten Runde. Gleichwohl ist es das Bestreben jeder Partei oder Koalition, ihrem Favoriten möglichst eine absolute, besonders überzeugende Mehrheit zu verschaffen.

Alles in allem:  Der Bundespräsident soll zwar, wenn er gewählt ist, über den Parteien stehen, und darum hat sich bisher jeder Inhaber dieses Amtes auf seine Art bemüht. Jedoch, die Bundesversammlung wird von den Parteien beschickt; sie setzt sich zusammen aus den Fraktionen des Bundestages und den von den Landtagsfraktionen gewählten Personen. Dieses Verfahren entspricht dem Willen des Grundgesetzgebers, demzufolge der Bundespräsident nicht das Resultat einer wirklichen oder manipulierten Volksabstimmung sein soll, sondern ein von Repräsentanten des Volkes in dieses Amt gewähltes Staatsoberhaupt. Diesem, von den Weimarer Erfahrungen vorgezeichnetem Weg sind die Bundesversammlungen seit 1949 gefolgt. Die folgenden Kurzchroniken illustrieren das.

 

Ende der Versammlung -Eidesleistung und Amtsantritt des gewählten Präsidenten

Die Bundesversammlung hat ihre Aufgabe erfüllt, sobald ein Präsident gewählt ist. Der Präsident des Bundestages, der die Versammlung leitet, erklärt sie für beendet, wenn der siegreiche Kandidat seine Wahl angenommen hat. Nach dem Gesetz stehen dem Gewählten dafür zwei Tage Bedenkzeit zu. Bisher hat kein Gewählter davon Gebrauch gemacht. Die Amtsdauer des Bundespräsidenten beträgt fünf Jahre. Wenn der Gewählte nicht bloß in seinem Amte bestätigt wird, sondern dieses Amt neu antritt, muss er entsprechend Artikel 56 des Grundgesetzes bei seinem Amtsantritt einen Amtseid ablegen. Dazu beruft der Bundestagspräsident den Deutschen Bundestag und den Bundesrat zu einer gemeinsamen Sitzung ein. Nur aus diesem Anlass versammeln sich beide Häuser in einem Saal - bis 1989 im Plenarsaal des Bundestages in Bonn, 1994 zum ersten Mal in Berlin im Plenarsaal des Bundestages im ehemaligen Reichstagsgebäude -, um zusammen Zeugen zu sein, wenn das neue Staatsoberhaupt den folgenden Amtseid schwört: "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe."