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Agenda 2010


Was sich für Arbeitslose ändern soll


Zu den Konzepten Hartz III und IV gehört ein Umbau der Bundesanstalt für Arbeit und des Systems der Leistungen für Arbeitslose. Das Bundeskabinett hatte die Entwürfe am 13. August gebilligt. Danach gab es aber noch zahlreiche Korrekturen. Hier die wichtigsten Punkte, die zumeist im Juli 2004 in Kraft treten sollen - wenn nach dem Bundestag auch der Bundesrat zustimmt.


Arbeitslosengeld
Arbeitslosengeld II (Arbeitslosen- und Sozialhilfe)
Sozialgeld (bisher Sozialhilfe)
Versicherungsleistungen
Unterstützung für Alleinerziehende 
Übergangsregelung
Zumutbarkeit
Anreize und Sanktionen
Vermittlung


Arbeitslosengeld

Das Arbeitslosengeld entspricht der auch heute gezahlten Versicherungsleistung. Ihre Höhe richtet sich nach dem Einkommen der vor der Arbeitslosigkeit vergangenen zwölf Monate. Die Bezugsdauer hing bisher auch vom Alter der Arbeitslosen ab. Künftig aber soll Arbeitslosengeld nur noch zwölf Monaten gezahlt werden. Anspruch hat nur, wer zuvor mindestens zwölf Monate innerhalb zweier Jahre in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung war. 


Sonderregelungen etwa für Wehr- oder Zivildienstleistende und Saisonarbeiter entfallen. Alle Wehr- oder Zivildienstleistenden sind künftig arbeitslosenversichert. 

Bisher durften Arbeitslose bis zu 20 Prozent zum Arbeitslosengeld zuverdienen. War der Nebenverdienst höher, wurde die Differenz vom Arbeitslosengeld abgezogen. Jetzt sollen alle Arbeitslosen maximal 165 Euro im Monat extra verdienen dürfen.


Arbeitslosengeld II (Arbeitslosen- und Sozialhilfe)

Das so genannte Arbeitslosengeld II soll ab 1. Juli 2004 die bisherige Arbeitslosenhilfe ersetzen. Dieses Arbeitslosengeld II bekommen arbeitslose aber erwerbsfähige Menschen, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben oder deren Anspruch abgelaufen ist. Arbeitslosengeld II bekommen auch diejenigen, die bislang Sozialhilfe bezogen haben und arbeitsfähig sind.

Im Gegensatz zur Arbeitslosenhilfe ist das Arbeitslosengeld II nicht mehr vom früheren Verdienst der Betroffenen abhängig und wird auch nicht mehr von der Arbeitslosenversicherung getragen. Es wird als Fürsorgeleistung wie die Sozialhilfe nach Regelsätzen berechnet und soll 345 Euro im Westen und 331 Euro im Osten betragen. Leben in einem Haushalt zwei Bedürftige, erhält jeder 90 Prozent der Summe. 

Zum Arbeitslosengeld II gehört auch eine Pauschale von 48 Euro für Kleidung und Möbel. Dafür fallen die Geld-, und Sachleistungen weg, die bislang beim Sozialamt beantragt werden konnten. Zum Vergleich: Der DGB in Sachsen-Anhalt gibt an, dass derzeit im Lande im Durchschnitt eine Arbeitslosenhilfe in Höhe von 520 Euro gezahlt wird.

Ob aber überhaupt Arbeitslosengeld II gezahlt wird, soll auch vom Einkommen des Lebenspartners abhängen. Außerdem müssen finanzielle Reserven aufgebraucht werden. Es soll jedoch einen Grundfreibetrag von mindestens 4100 Euro bis maximal 13.000 Euro (200 Euro pro Lebensjahr) geben. Zusätzlich soll in der gleichen Höhe das Vermögen geschützt werden, das zur Altersvorsorge gedacht war. Ebenfalls nicht angetastet werden soll Vermögen, das aus der staatlich geförderten Vorsorge entsteht, soweit es nicht vorzeitig verwendet wird. Auch Betriebsrenten sowie selbst genutztes Wohneigentum werden nicht angerechnet. Das Geld muss jedoch in jedem Fall vertraglich bis zum Antritt des Ruhestands gebunden sein.

Darüber hinaus werden nicht als Vermögen berücksichtigt: ein angemessener Hausrat, ein angemessenes Kraftfahrzeug, Vermögen in angemessenem Umfang, wenn der Betroffene oder sein Partner von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind, und Vermögen, dessen Verwertung unwirtschaftlich wäre.

Der Bund will das Arbeitslosengeld II komplett selbst finanzieren und damit die Kommunen von der bisherigen Sozialhilfe stärker entlasten. Das Geld soll aber über höhere Anteile bei der Umsatzsteuer von den Ländern zurückgeholt werden. Einige Länder sprechen deshalb von einer Mogelpackung und wollen noch Änderungen durchsetzen.


Sozialgeld (bisher Sozialhilfe)

Sozialgeld ist wie das Arbeitslosengeld II ein neuer Begriff. Es erhalten nur jene, die nicht erwerbsfähig sind und bisher Sozialhilfe bezogen hatten oder Rentner, deren Rente unter dem Existenzminimum liegt. Insgesamt sind dies aktuelle etwa 1,2 Millionen Menschen. Ansonsten entspricht das Sozialgeld der heute gezahlten Sozialhilfe. Zuständig bleiben die kommunalen Sozialämter. 

So genannte Fallmanager in den so genannten Job-Centern des Arbeitsamts sollen gemeinsam mit dem ärztlichen Dienst darüber entscheiden, ob Arbeitslose erwerbsfähig sind. Die Höhe des Sozialgelds soll ähnlich berechnet werden wie die auslaufende Sozialhilfe. In einem Verordnungsentwurf ist vorgesehen, dass Sozialhilfe-Empfänger künftig eine Pauschale von 345 Euro im Westen und 331 Euro im Osten erhalten.


Versicherungsleistungen

Alle Arbeitslosengeld-II-Empfänger werden kranken-, pflege- und rentenversichert. Dafür zahlt der Bund für jeden Berechtigten pauschal 110 Euro Kranken- und 13 Euro Pflegeversicherung. Ausnahmen bilden die, die bereits familienversichert sind. Für den Mindestbetrag der gesetzlichen Rentenversicherung werden 78 Euro monatlich überwiesen. Die, die nicht in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen, erhalten einen entsprechenden Zuschuss in gleicher Höhe. Da bisher nicht alle Sozialhilfeempfänger rentenversichert sind, ergibt sich für diese Gruppe eine Verbesserung. 


Unterstützung für Alleinerziehende 

Anders als im Gesetzentwurf angekündigt, soll den etwa 30.000 Alleinerziehenden kein Kinderzuschlag gewährt werden, sondern ein Steuerfreibetrag von 1300 Euro. Ursprünglich war eine zusätzliche Förderung in Höhe von bis zu 140 Euro pro Monat und Kind geplant.


Übergangsregelung

Für viele Langzeitarbeitslose bedeutet die Reform weniger Geld. Deshalb sollen für diejenigen, die 2004 betroffen sein werden, zwei Jahre lang Übergangsregelungen gelten. Das heißt, ein Alleinstehender erhält im ersten Jahr monatlich einen Zuschuss von 160 Euro, im zweiten Jahr von 80 Euro. Ehepaare bekommen die doppelte Summe. Kinder erhalten je 60 Euro. Nicht klar ist, ob die Beträge für Kinder beide Jahre gelten. 


Zumutbarkeit

Das Arbeitslosengeld II gibt es in voller Höhe nur, wenn sich der Arbeitsfähige ernsthaft um Arbeit bemüht und keinen angebotenen Job ablehnt. Die bisherigen so genannten Zumutbarkeitsregeln werden weitgehend aufgehoben. Allerdings können Jobs abgelehnt werden, die geringer als ortsüblich bezahlt werden. Diese noch nachträglich eingeführte Änderung soll Lohn-Dumping verhindern.


Anreize und Sanktionen

Wer wieder in Arbeit kommt, kann unter Umständen einen zeitlich befristeten Zuschuss, das so genannte Einstiegsgeld, bekommen. Ob und in welcher Höhe es gewährt wird, entscheidet der "Fallmanager", also der zuständige Mitarbeiter des Arbeitsamts. Macht sich ein Arbeitsloser selbstständig, hat er in der Zeit nach der Existenzgründung einen Anspruch auf Überbrückungsgeld.

Wer jedoch eine zumutbare Erwerbstätigkeit ablehnt oder sich zu wenig um eine neuen Job kümmert, muss mit Sanktionen rechnen. So werden in einem ersten Schritt 30 Prozent der Regel-Leistung gestrichen. Bei Jugendlichen unter 25 Jahren kann für die Dauer von drei Monaten das Arbeitslosengeld II ganz gestrichen werden. Versäumt ein Arbeitsloser die Meldefrist, kann auch das dazu führen, dass nicht gezahlt wird.


Vermittlung

Die Empfänger von Arbeitslosengeld II werden grundsätzlich von den Arbeitsämtern, die künftig Job-Center heißen, betreut. Dort soll jeder Mitarbeiter nur noch 75 Arbeitsuchende betreuen. Die Bundesregierung rechnet damit, dass zusätzlich 11.800 Betreuerstellen geschaffen werden müssen. Hat ein Arbeitsloser sechs Monate nach Beginn der Arbeitslosigkeit noch immer keine Arbeit, kann er verlangen, dass eine private Agentur mit seiner Vermittlung beauftragt wird.


Abstimmung

Die Reformen liegen am 17. Oktober dem Bundestag zum Beschluss vor. Der Bundesrat könnte am 7. November entscheiden. Nach jetzigem Diskussionsstand dürfte das Gesetz in der Ländervertretung keine Zustimmung erhalten und in den Vermittlungsausschuss überwiesen werden. Gelingt dann eine Einigung, müssen Bundestag und Bundesrat noch einmal darüber abstimmen.


zuletzt aktualisiert: 17. Oktober 2003 | 16:51



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